Im Bild: Rüde und Hündin, Labrador "Neo" und Labradorine "Luna" on tour im
Aurachtal... ©www.schlichtspiel.de
In der langen Zeit meiner Trainertätigkeit fiel mir ein immer mehr ansteigender Trend
"pro Kastration" auf. Dies war für mich der Anlass aus zahlreichen Quellen "Informationen"
aus unterschiedlichen Sichtweisen zusammen zu tragen.
So, dass jeder Halter, der über dieses Thema nachdenkt oder evtl. aktuelle
Verhaltensproblematiken zuordnen möchte,
hier vielleicht den ein oder anderen Denkansatz und/oder sogar die Lösung findet.
Nehmen Sie sich Zeit, sich gerade mit diesem Thema näher zu befassen, denn es
kann Auswirkungen auf die Gesundheit und das Verhalten Ihres Hundes haben -
oder dieses erklären. So wie ich, die vor vielen Jahren ein 100 %-Kastrationsbefürworter
war, mich jedoch intensivst mit diesem Thema befaßt habe und deshalb heute ein
12-jähriger unkastrierter ("intakt" = Fachbegriff für unkastriert) Rüde bei uns lebt.
Die "Individualität und genaue Betrachtungsweise", ob man seinen Hund einer Kastration
unterzieht oder besser nicht – das empfehle ich jedem!
Aber natürlich gibt es auch Lebensumstände (Auffanglager, Große Hundegruppen
in Auslandstierheimen, Tötungsstationen...), wo dies nicht möglich ist,
da sich sonst (noch mehr) eine Vermehrung ins Uferlose ergeben würde.
- Mit der "Kastration" wird alles besser! (?)
- "Mein Trainer sagt, ich solle meinen Hund unbedingt kastrieren lassen. Er würde dann
verträglicher werden mit anderen Hunden."
- "Mein Trainer meinte, wenn unser Hund kastriert ist, wird er gehorsamer."
- "Und meiner meint, unser Rüde würde dann weniger jagen."
- "Ich habe mal gehört, jede Hündin sollte einmal im Leben Junge bekommen haben, sonst
wird sie verhaltensgestört."
- "Wir waren mit unserem 4 Monate alten Hund beim Tierarzt und der meinte: Mal sehen, wie er
(-> Hund) mit seinen Hormonen klar kommt. Wir könnten auch gleich einen Termin zur
Frühkastration ausmachen."
- "In Amerika wurden ganz tolle Erfahrungen mit Frühkastrationen gemacht
(lt. Tierärzten), da kastriert man schon Welpen und Junghunde. Man erspare dem Hund
viele Erkrankungen und sie bleiben dann so schön verspielt, habe ich im Internet gelesen."
Die Auflösung gleich im Vorfeld:
- Die "Sozialkompetenz" (Verträglichkeit mit Artgenossen beiderlei Geschlechts)
eines Rüden ist nicht vom "Hoden" abhängig. So zeigten sich in Trainings zahlreiche
kastrierte (!) Rüden problematisch im Umgang mit anderen Rüden. Eben, weil sie kastriert
waren und von intakten Rüden als "Nicht-Rüde" eingestuft und entsprechend belästigt wurden (Aufreiten),
und/oder entsprechend unsicher im Auftreten waren. Eine Hündin
kann nach einer Kastration sogar rüpelhafter und aggressiver werden!
- An der TeamARBEIT "Mensch & Hund" geht nun mal kein Weg vorbei. Vor dem Lohn liegt nun mal
der Schweiß. D.h. im Klartext: Wer die Früchte seiner Hundeerziehung/-ausbildung
ernten möchte, muss vorher auch was dafür tun. Das "Wegschnippeln der Kronjuwelen"
beim Rüden bspw. programmiert ihn logischerweise nicht automatisch auf "Gehorsam".
Für den Aufbau einer zuverlässigen Kommunikation mit seinem Hund muss der
Zweibeiner "Geduld, Zeit und Konsequenz" aufbringen. Das sollte man sich aber bereits vor
der Anschaffung überlegt haben.
- Die Kastration eines Hundes (vorzugsweise Rüden) kann eine "Steigerung" des
Jagdverhalten auslösen. Hier besteht u.a. ein Zusammenhang mit dem Hormon "Testosteron".
Erfahrungsberichte zeigten auf, dass gerade Rüden nach einer Kastration oder Einsatz
des Kastrationschips vermehrt Jagdverhalten aufzeigten. Untersuchungen an Katzen ergaben,
dass alle Sexualhormone die Jagdleidenschaft "dämpfen".
- Bei Wölfen oder anderen Caniden werden manche (rangtiefe) Weibchen niemals gedeckt
und nehmen somit untergeordnete Funktionen der "Tanten-Jungtier-Betreuung" oder anderweitige
Aufgaben in der Rudelstruktur wahr. Und das ganz ohne "Verhaltensstörungen" zu entwickeln!
Somit ist es nicht erforderlich, dass jede Hündin in ihrem Leben einmal gedeckt werden
sollte. Die Tierheime werden es Ihnen danken.
- Nun, vielleicht sind Sie bei einem Tierarzt gelandet, der den Euro klingeln hört und
vielleicht in Sorge ist, ein Kollege könnte die Kastrations-Euros vor ihm einsacken?
- Mit einer Frühkastration (vor der Pubertät) greifen Sie massiv in die
körperliche und geistige Persönlichkeitsentwicklung Ihres Hundes ein.
Dies kann zur Folge haben, dass die Ausreifung von Körperorganen (Gebärmutter,
Eierstöcke, Blase...) und der Skelettapparat (Knochenfugen) sich nur unzureichend
entwickelt. Eine Frühkastration kann auch zur Folge haben, dass der Hund in seiner
Persönlichkeit in einem "infantilen Zeitfenster" (kindlich, unfertig, unentwickelt,
unreif) stecken bleibt.
Wir Menschen finden dies "kindliche Verhalten" vielleicht ganz nett; in der Interaktion mit
normal entwickelten Artgenossen jedoch kann es ein solcher Hund schwerer haben!
Grund dafür ist, dass er sich in einer Diskrepanz zu "Alter" und "Verhalten" befindet.
Diese "Infantilen Verhaltensweisen" sind für Artgenossen aus verhaltensbiologischer
Sicht nicht verständlich. Benimmt sich dann bspw. ein erwachsener Rüde "infantil",
kann dies zu einer starken "Disziplinierung" durch einen intakten oder zu einem späteren
Zeitpunkt (nach der Geschlechtsreife kastrierten) Artgenossen führen. Seine infantilen
Verhaltensweisen machen es ihm also in der Interaktion mit Artgenossen nicht gerade leichter.
Zum Thema "Gesundheitsprophylaxe": Lassen wir uns eigentlich zur reinen Vorsorge
"Gebärmutter, Eierstöcke, Samenleiter oder Hoden entfernen", um Krebs
zu vermeiden? Das zweifelhafte Argument der VorSORGE durch Tierärzte oder weitere
Personen ist also stark anzuzweifeln - und manchmal vielleicht nicht ganz uneigennützig!?
- Empfehlenswerte Fachliteratur:
KASTRATION und VERHALTEN beim Hund von PD Dr. Udo Gansloßer, Verhaltensbiologe und
Tierärztin Dr. Sophie Strodtbeck, Müller Rüschlikon Verlag,
ISBN 978-3-275-01820-8, 19,95 Euro)
Reizthema "Kastration". Soll, ja muss ich meinen Hund kastrieren lassen? In diesem Buch
werden mit großer Wahrscheinlichkeit all Ihre Fragen und Zweifel beantwortet -
empfehlenswert!
Einzelfä(e)lle, Beratung
Kompetente Tierärzte besprechen das Thema "Kastration" bei Verhaltensproblemen
ausführlichst mit dem Halter. Sie beziehen - auf Halterwunsch - auch den jeweiligen
Trainer und ggf. einen Verhaltensbiologen mit ein, so dass nach eingehender Fallanalyse
entschieden werden kann, ob eine Kastration sinnvoll oder unsinnig ist.
Siehe hierzu eine empfehlenswerte Anlaufstelle:
Tierärztin Sophie Strodtbeck & PD. Dr. Udo Gansloßer
www.einzelfelle.de (Click! Tierverhaltensmedizinische Beratung)
... 2010 wurde gemeinsam (Sophie Strodtbeck und Dr. Udo Gansloßer) die Idee geboren,
Hunde- und anderen Tierhaltern in Kooperation mit den behandelnden Tierärzten und
Hundeschulen in Verhaltensfragen beratend zur Seite zu stehen, da beide der Meinung sind,
dass die Kombination von Verhaltensbiologie und Tiermedizin unschlagbar ist.
KASTRATION beim HUND von Tierärztin Dr. Gabriele Niepel (Kosmos Verlag, 24,99 Euro) -
die in einer groß angelegten Studie ("Bielefelder Studie") als Erste den Einfluss
von Kastration auf das Verhalten von Hunden hinterfragte - mit sehr aufschlussreichen
Ergebnissen!
Was passiert bei einer Kastration, warum kastriert man Rüde und Hündin, welche
Folgen kann eine Kastration haben, die tierschutzrechtliche Seite u.v.m. sind Inhalt
dieses empfehlenswerten Ratgebers!
- Was ist der Unterschied zwischen Kastration und Sterilisation?
Der Begriff "Kastration" kommt aus dem Lateinischen (castratus) und bedeutet "Entmannung".
Das Ausschalten der Keimdrüsen (Hoden, Eierstöcke) also, durch operatives
Entfernen. Im Unterschied zur Sterilisation (Unfruchtbarmachung) durch Unterbinden der
Ausführungsgänge der Geschlechtsdrüsen.
Die Geschlechtsreife tritt bei Hunden in unterschiedlichen Stadien ihrer Entwicklung ein.
So werden bspw. kleinere Rassen ab ca. dem 5. Lebensmonat geschlechtsreif.
Größere Rassen und/oder sogenannte Spätentwickler zwischen dem
ca. 8. bis 14. Lebensmonat.
Manche Hündin wird nur einmal im Jahr läufig, andere wiederum bis zu drei Mal.
Wildhunde werden meist nur einmal im Jahr läufig. Auch die Intensität der
"Blutungen" ist selbst innerhalb von Hündinnen des gleichen Wurfes unterschiedlich.
Zwischen unmerklichem, sogar nur einmalig leicht blutigem Ausfluss bis zum heftigen
"Auslaufen". Die "Hochzeit" dieser heissen Phase der Empfängnisbereitschaft
dauert in der Regel vierzehn Tage. Legt man die flache Hand mit ein wenig Druck auf den
Rutenansatz der Hündin und sie legt diese beiseite, ist die Hündin
"paarungsbereit".
Rüden-Besitzer müssen in dieser Phase ihre Vierbeiner unter Kontrolle halten,
den Besitzern von Hündinnen sind einsame, wenig mit Rüden frequentierte
Auslaufgebiete zu empfehlen. Ein ungewollter Deckakt sollte der Hündin
erspart bleiben. Die "Pille" danach, birgt auch für eine Hündin viele Risiken.
Achten Sie deshalb während diese Phase besonders auf Ihre Hündin (kein
unangeleinter Freilauf!), die nun auch Tendenzen des Streunens und der Partnersuche zeigen
kann. Die Tierheime, die meist am Rande ihrer Aufnahmekapazitäten sind, werden es
Ihnen danken!
Im Bild: Labradorine "Luna" und Kurzhaar-Dackel "Caruso" beim "foto-shooting"... ©www.schlichtspiel.de
Bei einer Unterdrückung der Läufigkeit, unterscheidet man folgende Begriffe:
Verhinderung der Läufigkeit: totale Unterdrückung der Sexualfunktionen
über Jahre hinweg (Kastration oder Depot-Gestagene). Gestagene sind Steroidhormone,
die für die Vorbereitung und Erhaltung einer Schwangerschaft bedeutsam sind, aber
auch eine schwach androgene (gegengeschlechtliche) Wirkung besitzen.
Verschiebung der Läufigkeit: kurzfristiges Hinausschieben einer Läufigkeit
um einige Tage oder Wochen.
Unterbrechung der Läufigkeit: Unterdrückung einer bereits eingetretenen
Läufigkeit.
! Jeder tierärztliche Eingriff in den Sexualzyklus der Hündin ist mit einem
gewissen Risiko hinsichtlich Nebenwirkungen oder Komplikationen verbunden!
Kastration bei Hündinnen
Zur dauernden Verhinderung der Läufigkeit oder gar Schwangerschaft ist die
Kastration erforderlich. Bei Hündinnen genügt es meist, die Ovarien
(Eierstöcke) zu entfernen, der Uterus kann ohne Risiko belassen werden, wird jedoch
aus Prophylaxegründen (Gebärmutterentzündung, -krebs...) von den meisten
Tierärzten ebenfalls mit entfernt.
Sterilisation der Hündin:
Es werden nur die Eileiter durchtrennt, d.h.
dass die Hündin weiterhin einen normalen Sexualzyklus hat.
Sie wird weiterhin läufig, da die Hormonproduktion noch intakt ist, jedoch ist eine
Befruchtung nicht mehr möglich.
Diese Form der Unfruchtbarkeitsmachung wird oftmals in Forschungsstationen praktiziert.
Verhaltensbeobachtungen/-studien, ohne den Einfluss von verändertem Sexualverhalten,
sind somit möglich.
Kastration bei Rüden
Häufigster Grund (neben der Verhinderung der Fortpflanzungsmöglichkeit) ist
bei Rüden die Unterbindung oder wenigstens Eindämmung unerwünschter
Verhaltensweisen, wie bspw. Streunen, Aggressivität besonders gegenüber anderen
Rüden und starke Harnmarkierungen oder gar sexuell krankhaftes Bespringen anderer
Lebewesen oder Gegenstände.
Jedoch! "Streunen" kann ein Rüde auch, wenn er nicht ausreichend ausgelastet und
beschäftigt wird. Dann geht dieser Rüde eben mal aus Langeweile spazieren oder
springt über den Zaun, ohne dass eine läufige Hündin präsent ist.
Ebenso kann "Streunen" auch ein Verhalten sein, dass ggf. der ehemalige freiheitsliebende
Straßenhund aus seiner Vergangenheit mit sich bringt (Rüde wie auch Hündin).
Weil gerade dieses Verhalten der ursprünglichen Futtersuche oder Revierverhalten
seines vorherigen Straßenhundlebens zuzuordnen sein kann; das "Streunen" wie wir es
bezeichnen, diente letztendlich seinem Überleben. Diese Verhaltensweise ist somit nicht
sexuell motiviert, daher wird eine Kastration wenig bis keinen Einfluss haben.
Eine Kastration des Rüden hinsichtlich Aggression gleichgeschlechtlichen Artgenossen
gegenüber, ist nur dann sinnvoll, wenn die "Rüde-Rüde-Aggression"
ausschließlich während der Präsenz läufiger Hündinnen auftritt
und/oder dann verstärkt auftritt. Zeigt sich der Rüde generell unfreundlich
gegenüber gleichgeschlechtlichen Artgenossen bewirkt auch eine Kastration nichts
Positives; hier sollte mit Hilfe eines kompetenten Trainers die Ursache anderweitig
gesucht werden.
Kastrationsgründe können (für beide Geschlechter) auch Erkrankungen an
den Geschlechtsorganen sein. Zur Kastration werden dem Rüden die Hoden (Scroten)
entfernt und der Samenstrang durchtrennt. Es gibt auch eine hormonale Behandlung der
Hypersexualität mit antiandrogener oder zentral blockierender Wirkung.
- Gründe für eine Kastration, Sterilisation können sein:
- Medizinische Indikation (Erkrankung von Geschlechtsorganen, z.B.
Gebärmuttervereiterung...)
- Populations-verhindernde Indikation (bspw. in Auffangstationen, wo geschlechtsreife
Tiere in Gruppenverbänden leben)
Außerdem findet sich oft der Wunsch bei den Haltern:
- Verhaltensprobleme zu lösen
- Mögliche zukünftigen Krankheiten vorzubeugen
- Die Fortplanzung zu verhindern
- Eine Haltungserleichterung (Wenig bis keine Akzeptanz, die Einschränkungen
während der Läufigkeit bei der Hündin oder beim Rüden hinzunehmen)
Zitat des renommierten Verhaltensbiologen Kurt Kotrschal:
"Wer mit der Sexualität seines Hundes nicht klar kommt, sollte sich keinen halten!"
|
- Nebenwirkungen
Die Ausschaltung der Sexualfunktionen kann durch Nebenwirkungen beeinträchtigt werden:
- Harnträufeln und Neigung zu erhöhtem Hungergefühl (bei besserer
Verwertung!).
- Kastrierte Hunde verbrennen ihre Nahrung besser, sie fressen zwangsläufig mehr.
Dem etwaigen Zunehmen ist mit strikter Futterrationierung zu begegnen, alles andere
ist falsches (Selbst-)Mitleid.
- Kastration hat vor der Geschlechtsreife eine Verzögerung des Epiphysen-
Fugenschlusses zur Folge. Die mächtigen Röhrenknochen wachsen deshalb bei den
Kastraten länger als bei unkastrierten Tieren - durch den "eunuchoiden Hochwuchs".
Ein großrassiger Rüde wurde im siebten Monat kastriert und wuchs auf
unübliche 89 Zentimeter - also gute zehn Zentimeter höher als üblich
für seine Rasse. Dies führte u.a. zu massiven Problemen im Wachstum des
Knochenbaus (Schmerzzustände, Lahmheiten....).
- Kastration ist sehr different zu betrachten, bei einem Rüden, der ohnehin kein
Triebtäter war, deutlich reduzierend, beim anderen, der sexuell triebstark war,
tritt kaum eine Milderung ein.
- Rüden bauen gegenüber Konkurrenten ihre innerartliche sexuell motivierte
Aggressivität hinsichtlich Rangordnung, Konkurrenzausschaltung -> Fortpflanzung...
mehr oder weniger ab. Mehr natürlich bei jungen Kastraten.
- Territoriale Verhaltensweisen (Bewachen, Beschützen....) bleiben von einen
Kastration unberührt.
- Psychische Störungen wie zum Beispiel "Angst-Aggrression", bspw. durch schlechte
Sozialisierungprozesse während der dritten bis zwölften Lebenswoche - bleiben,
weil das Verhalten nicht nur von Hormonsteuerungen abhängt. Hier kann es sich ggf.
sogar noch verstärken, da das Hormon "Testosteron" (= Selbstbewusstseinshormon)
reduziert wird.
- Eine Veränderung tritt bei der Fellbeschaffenheit durch eine Kastration auf.
Langhaar-Rassen wie Setter, Cockerspaniel, Langhaar-Dackel, Altdt. Schäferhunde usw.
entwickeln einen Babyfell-ähnlichen Flaum; oftmals auf dem Kopf, den Flanken und
Schultern. Auch die Unterwolle nimmt extrem zu, was ein vermehrtes Ausbürsten
erfordert. Ebenso kann es zur vermehrten fettigen oder trockenen Schuppenbildung
führen.
- Bei älteren Kastraten kann Harnträufeln auftreten.
- Der Heilprozess nach der Operation dauert etwa drei Wochen, die Umstellung des Verhaltens
zwischen zwei Wochen und einem halben Jahr.
- Warnung! Frühkastration
Ausdrücklich ist davor zu warnen, Kastration als ein Allheilmittel für falsche
Haltung oder Verhaltenskorrektur, also wie einen "Reparaturakt" zu betrachten. Noch schlimmer
ist eine vorzeitige Frühkastration - die vor der Pubertät geschieht. Hier wird,
meist aus humansexualfeindlichen Motiven, zweifelsfrei tierschändlich
gehandelt: Eine Entwicklung zur Erwachsenenreife wird verhindert! Manche Amerikaner tun
dies, um Hunde und Katzen sich nicht aus dem "Tierbabyalter" weiter entwickeln zu lassen
(Mammophilie).
Es wird oft zu schnell kastriert - oder aus völlig desinformierten, menschlichen
Sexualmotiven abgeraten. Individuell ist auch eine Sterilisation (Durchtrennen des
Samenstrangs oder der Eileiter) ausreichend. Eine Kastration "kann" Erkrankungen im
Gebärmutterbereich bei Hündinnen und bei Rüden einen Hodentumor verhindern.
Jedoch gibt es auch gutartige Hodentumore, oftmals bei älteren intakten Rüden,
die nicht entarten und zum Problem werden - oder Hündinnen, die nie Erkrankungen im
Gebärmutterbereich aufweisen.
Es bleibt - auch nach Beratung von Tierärzten, Verhaltensbiologen, Trainern,
Tierschützern- stets im Ermessen des Halters, ob er diesen einschneidenen Eingriff
bei seinem Hund vornehmen lässt. Deshalb sollte dieser endgültige Schritt
sehr gut überlegt sein!
Es ist und bleibt eine Manipulation in die körperliche Unversehrtheit eines
Individuums, welches das Tier nicht selbst entscheidet, sondern wir. WIR veranlassen,
dass einem gesunden Lebewesen wichtige Organe - die u.a. seinen komplexen Hormonhaushalt
steuern - entnommen werden.
Deshalb sind wir in einer objektiven Selbstreflektion nicht besser als jene Menschen,
die (früher) in Deutschland entschieden - und noch heute in anderen Ländern
darüber entscheiden, einem Hund Ohren und/oder Rute zu kupieren.
- Wenn, dann wann kastrieren?
Falls man sich für eine Kastration entscheidet, dann sollte man dies frühstens
nach der ersten Hitze einer Hündin oder nach der vollendeten Geschlechtsreife eines
Rüden tun. Da die unterschiedlichen Hunderassen unterschiedliche Entwicklungsphasen
haben, sollte man dies beachten. Groß werdende Hunderassen wie bspw. Hovawarts,
Berner Sennen- oder Herdenschutzhunde etc. sind erst mit ca. 3-5 Jahren erwachsen.
Erst dann haben sie ihre geistige und körperliche Reife entwickelt. Während
kleinwüchsige Rassen wie Jack Russels, Westies... bereits mit 12 Monaten diesen Grad
der Reife erreicht haben können.
"Hypersexuelle", also krankhaft gesteigerte Rüden sollten zum Schutz vor (dabei
vergewaltigten) Hündinnen frühzeitig kastriert werden.
Es besteht oftmals der Irrglaube, dass mit einer Kastration das Sexualleben völlig
ausgeschaltet ist. Dies ist aber nicht der Fall. Und so kann eine Hündin zu Zeiten
ihres - vormals - bestehenden Zyklus durchaus frühere Verhaltensweisen zeigen
(schwieriger, unruhiger im Umgang). Kastrierte Rüden können auch an läufigen
Hündinnen interessiert sein und einen Deckakt (Kopulation) vollziehen
(ohne Befruchtung).
- Die Entscheidungstabelle für den schnellen Überblick
* Literaturquelle: Kastration und Verhalten beim Hund;
Mit freundlicher Genehmigung des Müller Rüschlikon Verlages, sowie der Autoren
Sophie Strodtbeck und Dr. Udo Gansloßer. Vielen Dank!)
Bitte beachten Sie die farblichen Markierungen!
- Verbesserung möglich
- Keine Änderung bzw. Änderung nicht vorhersehbar -> Einzelfallanalyse
- Verschlimmerung
VERHALTEN |
Zu erwartendes Verhalten nach einer Kastration |
Rüde und Hündin |
|
Jagdverhalten |
Keine Besserung, in manchen Fällen sogar Verschlimmerung |
Streunen |
|
gezeigt nur während der Läufigkeit |
Besserung möglich |
generelles |
Keine Änderung |
Aggression |
Je nach Geschlecht, Gehirn und Hormonzusammenhängen unterschiedlich, Einzelanalyse
nötig |
Territorialverteidigung, Revierverhalten |
|
defensiv |
Cortisol steuert, daher ggf. Verschlimmerung |
offensiv |
Wie Dominanzverhalten, wenig Änderung |
Rüde |
|
Futteraggression |
Cortisol gesteuert, daher Steigerung des Verhaltens |
Angstaggression |
Cortisol gesteuert, daher Verschärfung der Problematik |
Eifersucht (Partnerschutz etc.) |
Vasopressin abhängig: Wahrscheinlich keine Änderung |
Jungtierverteidigung etc. |
Prolaktin & Testosteron anhängig: keine Verbesserung oder sogar Verschlimmerung |
Statusaggression |
Kann sich je nach Rassezugehörigkeit verbessern, wenn das Verhalten nicht schon als
erfolgreihe Strategie im Gehirn abgespeichert ist. Erziehungskorrekturen sind
unerlässlich |
Angst, Panik |
übermäßige Cortisol-Produktion: Verschärfung der Problematik |
Aufreiten etc. |
|
bei echtem Sexualverhalten |
Mögliche Besserung, wenn das Verhalten als vollständiges Bewegungsmuster noch
nicht abgespeichert ist |
als Bewegungsstereotypie |
Je nach Stresstyp keine Änderung oder Verstärkung |
als Dominanzverhalten oder im Spiel |
Keine oder wenig Änderung |
Markieren |
Nur über Urin sexuell "intakter" Hündin eine Verbesserung zu erwarten,
ansonsten gleichbleibend |
Hündin |
|
Jungtierverteidigung |
Prolaktin abhängig; |
- im Zyklus; |
Tritt es im Zyklus auf: Verbesserung möglich |
- durch äußere Einflüsse (schwangere Halterin, Kindchenschema etc.) |
Wenn durch äußere Einflüsse ausgelöst, kaum Änderung |
Eifersucht (nicht sexuell) |
Keine Änderung |
Ständig Wettbewerbsaggression mit Hündinnen, Rüpelhaftigkeit
ganzjährig |
Keine Änderung oder Ansteigen, je nachdem, ob die Hündin Testosteron gesteuert
oder nicht |
Zickigkeit ausschließlich in der Läufigkeit |
Verbesserung |
Futteraggression |
Verschlimmerung des Verhaltens |
Angst, Panik, Stressanfälligkeit, Angstaggression |
Cortisol gesteuert, je nach Zyklusstand und Persönlichkeit Verbesserung
möglich, gleichbleibend oder Verschlimmerung |
- Hormone in Kurzbeschreibung
* Die wichtigsten Hormone kurz beschrieben
(* Literaturquelle: Kastration und Verhalten beim Hund;
Mit freundlicher Genehmigung des Müller Rüschlikon Verlages, sowie der Autoren
Sophie Strodtbeck und Dr. Udo Gansloßer. Vielen Dank!)
ANDROGENE: Sammelbegriff für männliche Geschlechtshormone
ADRENALIN: Das sogenannte Fluchthormon, aber auch ein Botenstoff im Nervensystem,
erhöht Blutdruck, die Herztätigkeit und Atmung, verstärkt die Blutgerinnung
und aktiviert den Zellstoffwechsel. Es erhöht zugleich den Spiegel an Cortisol.
Keine Wirkung auf Sexualhormone.
ACETYLCHOLIN: Botenstoff im Gehirn und Nervensystem, der u.a. die Übertragung
von Erregungen zwischen Nerv und Muskel bewirkt, jedoch offenbar auch bei Jagdverhalten
und Epilepsie beteiligt ist.
CORTISOL: Das sogenannte Kontrollverlusthormon oder passive Stresshormon. Es
erhöht den Bluttzuckerspiegel, unterdrückt das Immunsystem. Es verhindert in
hoher Konzentration die Gedächtnisbildung und den -zugriff, macht unterwürfig und
depressiv. Es erhöht jedoch die Angst- und Futteraggression, sowie die sogenannte
Neophobie (die Angst vor Fremden) und damit die defensive Territorialität. Es senkt
den Spiegel der Sexualhormone.
DOPAMIN: Die Selbstbelohnungsdroge im Gehirn. Es schafft freudige Erwartung,
verstärkt selbsterarbeitete Lernerfolge ("Aha-Effekt) und erhöht das
Lustgefühl. Es macht aber in bestimmten Bereichen auch aggressiv, ist am
Sexualverhalten beteiligt und hat Suchtpotential. Es spielt bei der Entstehung von
Stereotypien eine große Rolle.
ENDORPHINE: Hinreigene Opiate. Sie verstärken Lernerfolge, aber auch
suchterzeugende Tätigkeiten. Sie dämpfen das Schmerzempfinden und erhöhen
die Ausdauer.
MELATONIN: Das sogenannte Schlafhormon. Es entsteht aus Serotonin, steuert den
Tag-/Nachtrythmus.
NORADRENALIN: Das sogenannte Kampfhormon wirkt physiologisch nahezu genau wie
Adrenalin, erhöht jedoch den Sexualhormonspiegel, wirkt lernverstärkend und senkt
die Reizschwelle zur Wiederholung des gleichen Tuns ("sich in Rage bringen).
ÖSTROGENE: Sammelbegriff für sogenannte weibliche Hormone. Sie bewirken
die Eireifung und den Eisprung sowie weibliches Sexualverhalten, können jedoch durch
Wechselwirkung mt erregenden Bindungsstellen und Botenstoffen auch aggressiv oder
stressanfällig bis ängstlich in der Läufigkeit machen.
OXYTOCIN: Das sogenannte Bindungshormon, auch hormoneller Sozialkleber genannt.
Es lässt Milch bei der Hündin einschießen, schafft Vertrauen, stärkt
bzw. schafft Bindungen und senkt den Stresshormonspiegel.
PROGESTERON: Das sogenanntn Schwangerschaftshormon. Es ist verantwortlich für
die echte Scheinschwangerschaft, bereitet die Gebärmutter auf die Einnistung des
Eies vor. Es dämpft Aktivität, schafft Gewichtszunahme und kann depressiv machen.
Die meisten Verhaltenswirkungen der sogenannten weiblichen Hormone sind weniger von deren
absoluter Konzentration, sondern mehr vom Verhältnis der beiden (Östrogene und
Progesteron) zueinander abhängig.
PROLAKTIN: Das sogenannte Elternhormon. Es steuert die Milchproduktion, das
elterliche Fürsorge- und Schutzverhalten, Spiel, aber auch Jungtierverteidigung. Es
steht in umgekehrter Abhängigkeit zur Konzentration und Wirkung von Testosteron
(Im Bild: Hündin "Peppa" mit ihrem Nachwuchs, der aus sieben männlichen
Wonneproppen bestand.)
SEROTONIN: Als Botenstoff im Gehirn ist es stimmungsaufhellend, antidepressiv und
stressdämpfend. Es kann aber auch aggressiv machen. Komplizierte Regelkreise wegen
mehrerer unterschiedlicher Rezeptoren.
TESTOSTERON: Das sogenannte männliche Hormon, es kommt jedoch ebenfalls bei
weiblichen Wesen vor. Auch das Hormon des sozialen Erfolges. Es steuert zwar, zusammen
mit z.B. Dopamin und Serotonin, männliches Sexualverhalten, ist jedoch oft mehr die
Folge als die Ursache männlicher Aggressivität. Einflüsse auf
Markierverhalten und Streunen sind mehr vorgeburtlich als durch die aktuelle
Konzentration bedingt, Unterschiede in der Heftigkeit des Sexualverhaltens mehr von der
Dichte der Bindungsstellen als der eigentlichen Hormonkonzentration abhängig.
THYROXIN: Das Schilddrüsenhormon. Es hat selber keinen Einfluss auf Verhalten,
erhöht jedoch die Adrenalinkonzentration und steuert den Abbau des Cortisols. Daraus
entstehen dann sekundär die Verhaltenswirkungen einer gestörten
Schilddrüsenfunktion.
VASOPRESSIN: Das sogenannte Partnerschutz- und Eifersuchtshormon. Es steuert den
Blutdruck und die Wasserausscheidung, bewirkt individuelles Erkennen des Bindungspartners,
aber auch dessen Verteidigung und aktiviert das Noradrenalinsystem.
Hormone in ihrer komplexen Zusammenwirkung haben oftmals einen starken Einfluss auf
Verhalten und Gesundheit. Diese Zusammenhänge sind in Dr. Gansloßers und Sophie
Strodtbecks Buch "Kastration und Verhalten beim Hund" sehr ausführlich erläutert.
- Das Tierschutzgesetz (Paragraph 6)
Nach der Neufassung des Tierschutzgesetzes muss der Tierarzt eine nötige Indikation
feststellen, bevor er kastriert. Die Einscheidung erfordert deshalb eine
Einzelfallprüfung über die Verhältnismäßigkeit des Eingriffes.
Dabei müssen die Vor- und Nachteile für ein Tier abgewogen werden.
Bei der Abwägung ist eine für das Tier am wenigsten schädigende
Maßnahme zu treffen. Eine Durchtrennung der Samen- oder Eileiter verhindert die
Fortpflanzung ebenfalls, führt aber nicht zu hormonell negativen Auswirkungen auf den
Hormonhaushalt. Man sprich hier von der "Sterilisation", die in der Verhaltensforschung
oftmals praktiziert wird. Sie gewährleistet, dass Tiere weiterhin ein unverändertes
Verhaltensreportaire (Sexualleben...) aufzeigen und die Studien somit nicht durch "fehlende
Hormone" verfälscht werden.
Die Auswirkungen auf den Hormonhaushalt, sprich also auf das "Verhalten" des Hundes,
werden sehr häufig durch Halter, Trainer oder Tierärzte ungenügend
berücksichtigt. Bedingt durch ihre Komplexiität auch falsch interpretiert bzw.
prognostiziert.
Teilweise kann eine Kastration verheerende Folgen, durch das Ausschalten von bestimmten
Hormonquellen (Wechselspiel zwischen Hormonen und Neurotransmittern) nach sich ziehen.
Eine Auswirkung auf das jeweilige Verhalten eines Hundes erfordert eine konkrete
Einzelfallanalyse.
Die "Chemische Kastration" (durch Chip) bei Rüden wäre eine Möglichkeit
eine Operative Kastration für einen gewissen Zeitraum (Wirkungsdauer ca. 6 Monate)
zu simulieren - und zu beurteilen, ob sich das Verhalten des Rüden so verändert,
wie erhofft - oder ob unerwünschte Verhaltensweisen sich sogar noch
verstärken/verschlimmern.
Der Tierschutz
Der Tierschutz sieht eine Kastration aus verständlichen Gründen anders. Denn beim
Tierschutz landen all die "ungewollten" Folgen von den Fehlwürfen/-käufen. Es
wurden schon Rassehunde erschlagen, weil sie ihrer Natur folgten und sich
ausserplanmässig - ohne die Erlaubnis des überheblich, arroganten Züchters
- verpaarten. Obwohl davon auszugehen ist, dass Hunde, die sich paaren, den "besseren
Riecher" haben, was die Gesundheit beider Genpole angeht. So wie auch beim Menschen eine
gewisse Anziehungskraft hinsichtllich der Partnerwahl und "sich- riechen-können"
besteht. Würde man den Hunden die Partnerwahl mehr frei überlassen, hätten
wir heute wohl auch die gesünderen Rassehunde. Denn was der Mensch über nun
Jahrzehnte in seiner allwissenden "Züchter- und Vereins-/Verbands- Meierei" in den
Keller "gezüchtet" hat, finden wir heute zahlreich wieder:
Schäferhunde, die aussehen wie die Frösche, Kurznasige Rassen (Bolldogge,
Mops & Co.), die kaum noch Luft bekommen und sich röchelnd durchs Leben quälen,
Chihuahuas, die so klein sind, dass eine normale Geburt nicht mehr möglich ist, sondern
nur noch per Tierarzt via "Kaiserschnitt"... - man könnte es endlos fortsetzen, was
sogenannte "Züchter" am Tier verbrochen haben.
Auch wenn sich heute zahlreiche Gruppierungen im Zuchtbereich bemühen, die
Gesundheit und das ursprüngliche Exterieur der Hunde wieder hervorzubringen, wird es
wieder Jahrzehnte brauchen, um das zu erreichen.
Natürlich sollte die psychische und physische Gesundheit, sowie die Gefahr der
unkontrollierten Vermehrung mit nicht vertretbaren Folgen (Tierauffanglagern,
Tötungsstationen....) den Ausschlag geben, Tiere dennoch zu kastrieren. Damit
man vielen Tieren "Stress, Schmerz und Leid", die sich oftmals aufgrund der
hygienischen Zustände, des Platzmangels und Ressourcenknappheit (Futter) ergeben.
Es bedeutet aber auch, dass sich bspw. in Tierauffanglagern - großer Hundegruppen -
existenzielle Nachteile für unsichere, ängstliche (rangtiefe) Tiere ergeben,
die man einer Kastration unterzogen hat. Durch bspw. das fehlende Hormon "Testosteron"
(Selbstbewusstseins-Hormon) und weiteren Botenstoffen, sinken diese Hunde im Rang
sozusagen noch tiefer. Sie können sich noch unsicherer und ängstlicher zeigen;
somit werden sie oftmals zu Opfern ernsthafter "Mobbing-Attacken". Dies kann zu vermehrtem
Stress, erschwerten Überlebensbedingungen (Futterknappheit), sowie schweren
Verletzungen oder sogar dem Tod führen.
Verpflichtende Kastration durch den Tierschutz - ist das rechtens?
Übernahmeverträge, von Tierheimen, die einen verpflichtende Kastration durch den
neuen Halter nach Übernahme zum Inhalt haben, sind ungesetzlich und verstoßen
gegen die guten Sitten. Sie sind nicht nur nichtig, sondern nicht existent. Hierzu gibt
es Gerichtsurteile. Sie können also den Vertrag sag- und klaglos unterschreiben, um
den Hund zu bekommen. Die Kastrationspflicht können Sie missachten, da sie gegen
geltendes Recht verstößt. Tierheime, die Hunde ohne Einzelfallentscheidung nur
kastriert vermitteln und heraus geben, können Sie an das entsprechende Veterinäramt
melden. Diese werden den Punkt des Tierschutzgesetztes überprüfen und evtl.
Verstößen nachgehen.
- Züchter meist gegen eine "Kastration!"
Die einen Hundehalter meinen, man könne erworbene oder veranlagte
Verhaltensstörungen einfach wegschneiden. Züchter jedoch sprechen sich meist
gegen eine Kastration aus, denn schließlich sind die intakten Geschlechtsteile ihrer
Hunde, ihr Metier sprich "nebenerwerbsträchtige Einnahmequelle".
Eine Kastration ist ein Eingriff in das Sein eines Tieres. Ein höchst sensibles Thema
somit. Es gibt sehr viele Gründe, unerwünschtes Leben zu verhindern, denn zu
viele Hunde werden aus Rücksichtslosigkeit, Nachlässigkeit oder Gewinnsucht in
die Welt gesetzt. Nicht wenige landen in Tierheimen, überleben die Welpenzeit nicht,
werden tot gebissen oder verhungern (gerade in großen Rudeln des Auslandstierschutzes,
wie Auffanglagern, Tötungsstationen).
Züchter wiederum "leben" von der Fortpflanzungsfähigkeit ihrer Rassetiere.
Das Züchten von Hunden unterliegt (noch) einer Grauzone in Sachen "Steuerfreiheit".
So sind oftmals die Einnahmen der vielen kleinen "Hobbyzüchter, Vermehrer"
steuerfrei und bieten einen netten, bequemen Nebenerwerb, auch wenn fast Mitleid aufkommen
könnte, beim Tenor:
"Es bleibe nix übrig. All die Tierarztkosten würden den Welpenverkaufspreis
auffressen". Schon komisch, dass jemand intensivst alljährlich immer wieder das
Gleiche betreibt, oftmals sogar mit mehreren Hündinnen, was sich doch gar nicht
rentiert!"
!!! Jene Züchter, die sich mit Sorgfalt, Fachkompetenz und Verantwortungsbewusstsein
der Zucht widmen, gehen leider unter - im Nirwana der "Rassezucht-Geldhaie". Jene, denen
die psychische und physische Gesundheit ihrer Zuchttiere am Herzen liegt, verlieren oftmals
gegen die interne Mafia von Hundezucht-Vereinen und -verbänden.
Der Deutsche Schäferhund ist hierfür ein klassisches Beispiel; ihn haben über
Jahrzehnte sogenannte Züchterprofis gesundheitlich und gesellschaftlich ruiniert.
Fachzeitschriften betiteln ihn seit langem mit "Vorne Hund, hinten Frosch". So gibt es wohl
sehr wenige seiner Rasse, dessen Hüften ein Hundelebenlang beschwerde-/schmerzfrei sind.
- Meine persönliche Anmerkung
Vor vielen Jahren war ich selbst ein 100 %-Kastrations-Befürworter! Was mich umdenken
ließ, waren die vielen Hunde, deren Verhalten und Gesundheit zum Nachteil beeinflusst
wurde. Hunde, die manchmal nach regelrechten "Chemie-Keulen" (Wurmkur, Spot-ons, Impfung &
Kastration) und einem enormen Stress - verbunden mit dem Umgebungswechsel - in Tierheimen
oder im neuen Zuhause manchmal nur knapp oder gar nicht überlebten.
Zahlreiche Gespräche mit Haltern unkastrierter Tiere und Tierschützern, sowie
Beobachtungen an kastrierten und unkastrierten Tieren in der gemeinsamen Interaktion oder
in Trainings ließen mich nachdenklich werden. "But last not least", erfuhr ich mehr
durch fundierte Fachliteratur, die sich speziell mit diesem Thema befasst, sowie Teilnahme
an Seminaren und Vorträgen namhafter Referenten (Tierärzte, Zoologen,
Verhaltensbiologen), die das Thema "Kastration" mit all ihren Auswirkungen unf Folgen
aufzeigten und ausführlich erläuterten. All das machte mich sehr nachdenklich.
"Ich bin weder ein absoluter Kastrationsgegner noch -befürworter!"
Aber, die Kastration einer Hündin oder eines Rüden sollte man sehr überlegt
treffen und individuell entscheiden.
Denn eine Kastration kann Einfluss auf die Gesundheit und das Verhalten unserer Hunde haben!
Eine Frühkastration vor der Geschlechtsreife eines Hundes ist abzulehnen, wozu sehr viele
Tierärzte und Verhaltensbiologen raten. In o.a. Informationen wurden dies
ausführlich erläutert.
Mir persönlich bekannte Tierärzte lehnen eine Kastration überhaupt vor der
1. Läufigkeit ab und sind der Meinung, ein Hund müsse erst seine körperliche
und geistige Reife erreicht haben. Ggf. wird auch hier bei "Spätentwickelern"
großer Hunderassen sogar dazu geraten auch eine 2. oder 3. Läufigkeit abzuwarten.
Als Faustregel gilt sogar, dass eine Hündin mind. drei Läufigkeiten durchlaufen
haben sollte, bevor man sie als vollständig erwachsen bezeichnen kann.
Dies sollte als individuell zwischen dem Tierarzt und dem Hundehalter besprochen.
Auch gibt es Tierärzte in unserer Region, die eine Kastration generell ablehnen und
diese nicht durchführen.
Leider denken anscheinend nicht alle Tierärzte so kritisch über eine Kastration
nach. Ja, wenn die Kasse klingelt, sieht man über so manche nachteilige Aus- oder
Nebenwirkung hinweg. Geht man von nur zwei Kastrations-OP's (Hündin) pro Woche und
einer Tierarztrechnung von ca. 300,00 Euro pro Hund aus, summiert sich das auf einen Umsatz
von ca. 30.000,00 Euro pro Jahr! In diesem "Kastrations-OP-Beispiel" sind jedoch keine
Rüden, Kätzinnen, Kater, Pferde, Meerschweinchen, Frettchen und was man
noch so alles kastrieren kann, mit eingerechnet. "Kastrationen" lassen also die Kasse so
richtig klingeln...
Und wer erinnert sich da nicht doch noch an den Spruch: "Geld regiert die Welt!"
Mit einigen Tierärzten ist eine durchaus sehr gute Zusammenarbeit gewährleistet.
So empfiehlt mein Tierarzt den Einsatz eines "Hormon-Chips" (Implantat unter der Haut),
der hormonell eine gleichartige Wirkung wie eine Kastrations-OP hat. Mit dem Unterschied,
dass die Wirkung ca. 6 Monate anhält und hinterher wieder alles so ist, wie vorher.
Verändert sich bspw. eine Rüde in diesem Zeitraum also "verhaltenstechnisch"
nicht so, wie sich das der Halter vorstellte, kann man sich und dem Hund die OP ersparen.
Zeigt ein "angstaggressiver" Rüde in diesem Zeitraum noch verstärkter ernsthaftes
Drohverhalten und/oder Aggression (durch Testosteron-Reduktion), kann man als Halter froh
sein, dass die Wirkung des Chips nach 6 Monaten endet!
Tenor eines Tierarztes: "Die meisten Halter meinen, wir schnippeln die Kronjuwelen weg und
sie haben einen ruhigen, guterzogenen Hund. Dass an der Hundeerziehung kein Weg vorbei geht,
erkennen die Halter meist, wenn trotz gewünschtem "Hormon-Chip", der Hund ihnen immer
noch auf der Nase herum tanzt!" Spätestens dann, schicke ich diese Halter zu Ihnen,
Frau Böker!"
Ein gewisser Restbestand an Tierärzten, die die Kastration unbedingt empfehlen und
dazu raten, Hunde in ihrer wichtigsten (hormonellen) Entwicklungsphase bereits im
Junghunde-Alter zu kastrieren ist leider immer irgendwo aktiv. Deshalb bewahren Sie sich
einen Restfunken an "kritischem Denken" und befragen ggf. mehrere Tierärzte,
Hundetrainer, die sich mit dem "Hormon-Thema" befasst haben oder anderweitige kompetente
Ansprechpartner!
Aktuell leben in unserem Haushalt ein intakter 12-jähriger Rüde, sowie eine
4-jährige kastrierte Hündin (Tierheimhunde), weil wir keinen Hundenachwuchs
produzieren wollten, den die Welt nicht braucht. Der Rüde wurde von uns im Alter von
8 Jahren aus dem Tierschutz übernommen und wir sahen keinen Anlass, diesen
äußerst sozialkompetenten Rüden kastrieren zu lassen.
In unserem Leben begleiteten uns intakte (unkastrierte), wie auch von uns oder bereits
vom Tierschutz kastrierte Hunde. Dazu gehörten eine Hündin und ein Rüde,
die ich nach heutigem Wissensstand, keiner Kastration mehr unterziehen würde.
Aber Fehler lassen sich leider nicht mehr rückgängig machen. Wichtig ist
aber, dass man aus Fehlern lernt. Vor allem dann, wenn es ein anderes Lebewesen betrifft.
Verhaltensbiologie für Hundehalter, PRAXISBUCH von Dr. Udo
Gansloßer, Petra Krivy (Kosmos Verlag, 22,95 Euro)
Manche Hundetrainer haben "Lieblings-Referenten" - zu meinen Favoriten in der Hundeszene
gehört Dr. Udo Gansloßer. Deshalb lege ich Ihnen am Ende dieser Seite das Buch
rechts im Bild ans Herz! Auch hier finden Sie zahlreiche Fallbeispiele und mehr, in denen
u.a. ersichtlich ist, wie viel Einfluss die kleinen "Hormönchen" auf unsere Hunde
haben...
Viel Spaß beim Lesen!
Quellen: Müller Rüschlikon Verlag (s. entsprechende Kennzeichnung), Internet/Wikipedia